Pressemitteilung: Stellungnahme der Harburger Grünen zum Gutachten der westlichen Elbquerung

Am 15.11.24 wurde das lang erwartete Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) öffentlich vorgestellt. Die Ergebnisse sind, dass es eine ganze Reihe technischer Möglichkeiten für die Erstellung einer solchen Schienenquerung im Westen Hamburgs gibt. Die Gutachter kommen aber zu dem Ergebnis, dass keine der untersuchten Varianten so viel volkswirtschaftlichen Nutzen stiftet, dass die Realisierung unter den gesetzten Rahmenbedingungen empfohlen werden könne.

„Wir hätten uns ein anderes Ergebnis gewünscht. Und es fehlt in der Berechnungsmethode leider auch beispielsweise das Einbeziehen von Klimafolgekosten. Es ist aber gut, dass wir jetzt diese Basis haben für die weiteren Diskussionen über eine weitere Elbquerung. Außerdem freuen wir uns, dass die Verbreiterung der Elbbrücken kommt“, so Miriam Block, Grüne Abgeordnete in der Hamburgischen Bürgerschaft und Mitglied im Verkehrsausschuss.

Die Gutachter haben deutlich gemacht, dass die Empfehlungen mögliche veränderte Rahmenbedingungen außer Acht lassen. Hier sehen wir mehrere Ansatzpunkte, wie das Gutachterergebnis in Richtung eines besseren Nutzen-Kosten-Verhältnisses verändert werden kann:

  1. Das Gutachten beruht auf der Verkehrsprognose 2030 des BMDV. Diese unterschätzt nach neueren Erkenntnissen massiv die Bereitschaft der Bevölkerung zum Umstieg vom eigenen Auto auf den Umweltverbund. Diese Einschätzung bestätigten die Gutachter bei der Vorstellung am 15.11.24. U. a. das Deutschlandticket ist eine Errungenschaft, die den Umstieg auf den ÖPNV massiv unterstützt. Für großstädtische Ballungsräume würde der volkswirtschaftliche Nutzen allein durch die Anwendung einer aktuellen, sachgerechten Verkehrsprognose soweit ansteigen, dass das Nutzen-Kosten Verhältnis sich um 60-80% verbessern könnte.
  2. Die Gutachter haben ausschließlich Planungsvarianten untersucht, die auf fast kompletter Strecke die Führung in Tunneln vorsehen. Dies ist für den Bereich der unmittelbaren Elbquerung sicher erforderlich, um die nötigen Höhendifferenzen überwinden zu können. Jedoch stellt sich die Frage, ob im südlichen Teil des Trassenverlaufs auch oberirdische Verläufe entlang vorhandener Verkehrsinfrastruktur möglich wären, die zu sinkenden Projektkosten führen würden und damit zu einer Verbesserung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses. Bei einem Verzicht auf die A 26 Ost könnte die untersuchte Westvariante möglicherweise weitgehend oberirdisch geplant werden, da keine Querung einer Autobahn mehr nötig wäre.
  3. Die Gutachter haben deutlich gemacht, dass eine zusätzliche Siedlungsentwicklung erforderlich wäre, um die Zahl der neu an das S-Bahn-Netz anzuschließenden Personen zu vergrößern. Dafür muss die gesamte südliche Metropolregion betrachtet werden. In Niedersachen werden in Neu Wulmstorf, Buxtehude, Jork und anderen Orten neue Baugebiete erschlossen. Auch die Entlassung von Moorburg aus dem Hafenerweiterungsgebiet ist mit einer anschließenden Entwicklung von Wohnungsbau und Gewerbe innerhalb der bestehenden Ortsstrukturen denkbar. Die geplante Wasserstoffindustrie in Moorburg, die zukünftige industrielle Entwicklung auf der Hohen Schaar und andere müssen berücksichtigt werden. Diese und die bereits ansässigen Unternehmen würden von einer S-Bahn-Anbindung profitieren.
  4. Eine weitere Verbesserung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses entsteht, wenn die Vorgabe an die Gutachter, keine Verkehrsverlagerungen weg vom Hauptbahnhof vorzusehen, modifiziert betrachtet würde. Anzunehmen ist, dass die zukünftigen Verkehrsmengen sowieso nicht über die Bestandsgleise abgewickelt werden können, eine Ergänzung neuer Gleise also in jedem Fall erforderlich ist. Dies vorausgesetzt, müssten die Baukosten nicht allein der westlichen neuen Elbquerung zugerechnet werden, sondern zu einem gewissen Anteil auch der Modernisierung der Bestandsstrecken zugerechnet werden.

„Die genannten Punkte werden wir in die künftigen Diskussionen zur Erweiterung des S-Bahn-Netzes und des Schienennahverkehrs einbringen. Unser Ziel ist und bleibt eine bessere und zuverlässigere Schienenanbindung des Hamburger Südwestens und eine bessere Resilienz des S-Bahn-Netzes in Störungsfällen. Mit der Westlichen Schienenquerung hätten wir eine Ringverbindung im Hamburger S-Bahn-Netz und eine Alternative und Entlastung bei Störungen am Nadelöhr Hauptbahnhof “, sagt Gudrun Schittek, Wahlkreisabgeordnete für Süderelbe in der Hamburgischen Bürgerschaft und ebenfalls Mitglied im Verkehrsausschuss.

„Die langfristige Realisierung der westlichen Elbquerung entbindet uns nicht von der Verantwortung, schon möglichst bald zusätzliche Gleise zwischen dem nordelbischen Teil Hamburgs und Harburg nutzbar zu machen. Deshalb fordern wir, die im Zuge der Sanierung der Bahnbrücken erforderlichen Behelfsbrücken so zu planen und zu errichten, dass sie nach Abschluss der Sanierungsarbeiten regulär für ein zusätzliches Gleispaar zwischen Harburg und dem Hauptbahnhof genutzt werden können“ ergänzt Michael Sander, Co-Fraktionsvorsitzender und verkehrspolitischer Sprecher der Grünen Bezirksfraktion in Harburg.