Antragstext
„Die Demarchie (Kunstwort aus dem altgriech. δῆμος demos „Volk“ und ἄρχειν archein „Erster sein, herrschen“) ist eine demokratische Herrschaftsform, in der Volksvertreter durch das Losverfahren und nicht durch Wahlen bestimmt werden“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Demarchie).
Die Idee ist, dass Bürgerinnen und Bürger Gremien zugelost werden, die sich mit Hilfe von Dokumenten und Experten zu einem Thema informieren, beraten und schließlich Entscheidungsvorschläge machen. Wenn man davon ausgeht, dass Repräsentation auch bedeutet, dass die Bevölkerung sich im Parlament nicht nur mit ihren Interessenguppen widerspiegelt, sondern auch in ihrer demographischen Zusammensetzung, ist das Losverfahren eine Ergänzung für demokratische Entscheidungen. Frauen und Männer sind entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil vertreten, ebenso die unterschiedlichen Altersgruppen.
Vorteile dieser zufallsbedingten Beteiligung wären ein geringerer Aufwand der politischen (Selbst)darstellung. Zufällig ausgewählte Personen sind hier weit weniger abhängig. Sie müssen nicht auf eine Parteilinie, eine Parteikarriere, den Erhalt eines politischen Postens oder den Eindruck, den sie in der Öffentlichkeit machen hinarbeiten.
Demarchiemodelle sind in den letzten Jahren u.a. in zwei Länderparlamenten erprobt worden.
In Island wurden 2010 1000 Personen per Los ermitteln, um Vorschläge für eine neue Verfassung zu machen. Am Ende wurden 25 Personen aus der Gruppe der Gelosten ausgewählt, einen finalen Verfassungsentwurf auszuarbeiten und zur Abstimmung der Bevölkerung vorzulegen, die die neue Verfassung auch annahmen. Einzig die Politiker im Parlament verweigerten ihre Zustimmung, sodass die Neufassung bis heute nicht umgesetzt wurde.
In Irland hat 2013 eine vom Parlament eingesetzte per Los ausgewählte Versammlung von 100 Bürgern in mehreren Tagungen unter anderem über die Zulässigkeit der Ehe für Homosexuelle beraten. Das Parlament ist ihrem Votum gefolgt und hat es anerkannt. Ohne dieses Votum des sogenannten Verfassungskonvents hätte es im katholischen Irland dafür vermutlich keine Mehrheit gegeben. Die Bürger waren liberaler und mutiger als die Berufspolitiker.
Die Soziologin Christiane Bender, von der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg hat sich mit diesem System beschäftigt. Sie will das repräsentative System nicht ersetzen, sondern ergänzen. So könnte ein bestimmter Prozentsatz der Parlamentssitze an Menschen verlost werden, die an der regulären Wahl teilgenommen haben. Sie hätten zwar kein Stimmrecht bei Abstimmungen – das lässt das Grundgesetz nur für gewählte Abgeordnete zu – würden sich aber dennoch im parlamentarischen Betrieb einbringen können. Hiervon kann eine Signalwirkung ausgehen, die das politische Interesse und die Beteiligung erhöht.
Derzeit findet man Demarchie-Modelle in der Praxis in Geschworenengerichten, bei Bürgerbeteiligungsverfahren und in Beratungsgremien von Parlamenten. Der Kulturhistoriker David Van Reybrouck betont, dass solche nach dem Zufallsprinzip zusammengesetzten Planungsgruppen sich vor allem in Kommunen als kreative Problemlöser erwiesen haben. Sie können die repräsentative Demokratie vielfältig ergänzen und so neue Perspektiven für eine zukunftsweisende bessere Bürgerbeteiligung eröffnen.
Die Bezirksversammlung möge beschließen:
Die Bezirksverwaltung wird gebeten zu prüfen, ob die Umsetzung von Demarchie-Modellen im Bezirk unter Berücksichtigung der rechtlichen und gesetzlichen Gegebenheiten möglich ist. Insbesondere ist eine modellhafte Umsetzung in Beratungsgremien wie Beiräten zu prüfen. Über das Ergebnis der Prüfung soll im Hauptausschuss berichtet werden.
Übersicht
Antragsteller*In | Jürgen Marek |
Status | weitere Infos zu diesem Antrag in Informationssystem der Bezirksversammlung unter Drucksache 20-3706 hier |
Datum | 06.04.2018 |
SCHLAGWÖRTER setzen!
KATEGORIE „Anträge“ und „Bezirksfraktion“ setzen!
BEITRAGSBILD setzen!
Guten Tag Herr Marek, ich bin Klaus Mairhöfer, parteiloser und unabhängiger Stadtrat in Bargteheide. Glühender Verfechter der Thesen von Herrn Van Reybrouck (Gegen Wahlen) und möchte in Bargteheide möglichst zusammen mit der dortigen Grünen Fraktion versuchen Herrn Reybrouck und andere zu einer Lesung in Bargteheide zu bewegen und im Anschluss zu einer möglichen Umsetzung des Gedankens im Zuge der anstehenden Innenstadtplanung zu gelangen. Insofern würde es mich brennend interessieren, wie denn die Antwort auf Ihre Anfrage lautete? Können/würden Sie mich bitte mal kontaktieren. Danke und einen gelingenden Start ins Neue Jahr.