Neuenfelde und Cranz als RISE-Gebiet ausweisen 28. April 202428. April 2024 In einem gemeinsamen Antrag mit allen demokratischen Parteien fordern wir die Harburger Verwaltung auf, für Cranz und Neuenfelde eine Potenzialanalyse zu erstellen. Das ist Voraussetzung, um dort ein RISE-Fördergebiet zu beantragen. Ziel des Rahmenprogramms Integrierte Stadtteilentwicklung (RISE) ist es, die Lebensqualität in Quartieren mit besonderem Entwicklungsbedarf durch städtebauliche Maßnahmen zu verbessern und den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Die Elbdörfer Neuenfelde und Cranz zeichnen sich durch sehr unterschiedliche Siedlungsstrukturen aus. Prägend sind die vielen Obsthöfe mit den auch touristisch beliebten Obstbaumplantagen, die an den Deichen und Straßen die für das Alte Land typische Straßendorfstruktur bilden. Hier leben viele Familien in Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern. Weitere Grundstücke werden am Nincoper Deich Ost erschlossen (Bebauungsplan Neuenfelde 17). Auch die frühere Sietas-Werft ist ein prägendes Element des Gebietes. Für das ehemalige Werft-Gelände sollte eine geeignete Nachnutzung gefunden werden, die zum Ort passt und durch die Arbeitsplätze entstehen können. In der einst als Werksiedlung dieser Werft angelegten Seehofsiedlung und am Estebogen in Cranz leben heute noch die Familien vieler ehemaliger Gastarbeiter, die hier in Neuenfelde und Cranz vor vielen Jahrzehnten eine neue Heimat gefunden. Die Gebäude wurden als Geschosswohnungen gebaut. 2016/17 wurde die öffentlich-rechtliche Wohnunterkunft für Geflüchtete am Neuenfelder Fährdeich für rund 350 bis 400 Menschen errichtet. Sie wurde zunächst nur als provisorische Einrichtung unmittelbar neben der ehemaligen Sietas-Werft als Containerbau ohne Anbindung an Neuenfelde und Cranz errichtet, ist aber seither eine dauerhafte Einrichtung. Die Menschen in Neuenfelde und Cranz haben ganz unterschiedliche Hintergründe und Lebensläufe, allerdings auch gemeinsame Herausforderungen. Die Sozialstrukturdaten weisen einen höheren Anteil an Leistungsempfängern nach SGB II von 16,4 % in Neuenfelde und 11,9 % in Cranz im Vergleich zu Hamburg mit 10 % aus. Besonders hoch ist der Anteil der unter-15-Jährigen mit Mindestsicherung mit 31,4 % in Neuenfelde und 30 % in Cranz (Hamburg 20 %). Das Gebiet stand in den letzten Jahren nicht im Fokus der städtischen Entwicklung. Der Bezirk Harburg und auch die Stadt Hamburg kann es sich aber nicht leisten, ganze Gebiete aus dem Fokus zu lassen. Nicht nur, weil sich damit soziale Brennpunkte unter dem Radar der Aufmerksamkeit entwickeln können, sondern auch weil im Bezirk jede Form von Wohnraum benötigt wird. So fehlt es in Neuenfelde und Cranz an ausreichender sozialer Infrastruktur, an ausreichenden Angeboten und Flächen für Kinder und Jugendliche und an Begegnungsmöglichkeiten für alle, die für Integration und ein gemeinschaftliches Zusammenleben grundlegend sind. Es gibt mittlerweile soziale Konflikte in und zwischen den Quartieren, insbesondere unter Jugendlichen. Eine aktive Nachbarschafts- und Quartiersarbeit findet derzeit kaum statt. Hier braucht es Impulse und Identifikation, um das Miteinander wieder zu fördern. Infrastrukturbereiche wie Kitas, Schulen, Einkaufsmöglichkeiten sind ausbaufähig und sollten vor Ort verbessert werden. Die ambulante medizinische Versorgung hat sich verschlechtert. Von ehemals drei Hausarztpraxen sind inzwischen zwei geschlossen. Auch im Bereich der Mobilität gibt es Verbesserungspotentiale. Die Dörfer sind heute sehr stark durch Berufspendel- und Schwerlastverkehre belastet, auf Straßen, die für diese Verkehre nicht geeignet sind. Das Ziel sollte eine Verringerung der Durchgangsverkehre sein. Um dies zu erreichen, sollte eine enge Kooperation mit den Arbeitgebern vor Ort gesucht werden, da diese viele Verkehre entweder durch Pendelverkehre der Mitarbeitenden oder Lieferverkehre verursachen. Dass dies funktionieren kann, zeigte kürzlich das Beispiel von Airbus. Solche Zusammenarbeiten müssen ausgebaut werden. Die Menschen, die in Neuenfelde und Cranz leben sind heute wegen der schlechten ÖPNV Anbindung aber auch selbst häufig auf ihr Auto angewiesen. Viel Verbesserungspotential besteht beim Bus- und Fährverkehr und bei On-Demand- und Sharing-Angeboten. Die Infrastruktur für den Fuß- und Radverkehr ist in weiten Teilen schlecht oder nicht vorhanden. Mit dem Rahmenprogramm integrierte Stadtteilentwicklung (RISE) wollen wir die Bedürfnisse der Menschen in Cranz und Neuenfelde detailliert erfassen und Lösungen, Orte und Angebote dafür entwickeln. Dabei wäre auch eine behutsame Nachverdichtung möglich, zum Beispiel indem bislang untergenutzte Flächen hochwertiger und multifunktionaler gestaltet werden sowie Verdichtungspotentiale geprüft werden. Ein Erfolgsfaktor der RISE-Projekte ist die Einbindung der Menschen vor Ort. Die Menschen aus Neuenfelde und Cranz kennen ihre Dörfer, sie sind die Expert:innen vor Ort. Sie haben Ideen, Wünsche, Sorgen und kennen die Potentiale ihrer Quartiere, die als Grundlage für eine integrierte Stadtteilentwicklung unverzichtbar sind.